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Welche Inhalte Deiner Website sind vom BFSG ausgenommen?

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Porträtfoto von Dmitry Dugarev

Autor: Dmitry Dugarev

Berater für digitale Barrierefreiheit & IT-Compliance

Zuletzt aktualisiert am:

Du hast sicher schon vom Barriere­frei­heits­stärkungs­gesetz (BFSG) gehört, das ab dem 28. Juni 2025 gilt [1]. Es stellt sicher, dass viele digitale Produkte und Dienstleistungen barrierefrei werden, insbesondere E-Commerce-Websites (§ 1 Abs. 3 Nr. 5 BFSG).

Aber jetzt fragst Du Dich vielleicht: "Oh nein, muss ich meine 500 Blogartikel von 2018 alle barrierefrei machen? Was ist mit den alten PDFs im Download-Archiv?"

Hier gibt es gute Nachrichten: Das Gesetz ist nicht rückwirkend für alle Inhalte. Der § 1 Abs. 4 des BFSG [1] nimmt bestimmte Arten von Inhalten auf Webseiten und mobilen Anwendungen explizit von den Anforderungen aus.

Ich zeige Dir hier genau, welche das sind – mit klaren Beispielen für Deine Website.

Die 5 großen Inhalts-Ausnahmen nach § 1 Abs. 4 BFSG

Das Gesetz listet fünf Kategorien von Inhalten auf, für die die Barrierefreiheitsanforderungen nicht gelten.

Hier ist ein einfaches Schema, um die Ausnahmen zu prüfen:

Textbeschreibung für "Flussdiagramm: Prüfung auf Ausnahmen für digitale Inhalte" öffnen

Dies ist eine schrittweise Beschreibung des Flussdiagramms, das prüft, ob digitale Inhalte von bestimmten Regeln ausgenommen sind. Der Prozess endet entweder mit "Ausgenommen" (grün) oder "Nicht ausgenommen" (rot).

  1. Der Prozess beginnt beim Knoten "Dein Inhalt".
  2. Die erste Entscheidung ist: "Veröffentlicht vor 28.06.25?"
    • Ja: Fahren Sie mit Schritt 3 fort.
    • Nein: Überspringen Sie die Schritte 3, 4 und 5 und gehen Sie direkt zu Schritt 6.
  3. Entscheidung: "Video/Audio?"
    • Ja: Das Ergebnis ist "Ausgenommen" (Prozess endet).
    • Nein: Fahren Sie mit Schritt 4 fort.
  4. Entscheidung: "PDF/Büro-Datei?"
    • Ja: Das Ergebnis ist "Ausgenommen" (Prozess endet).
    • Nein: Fahren Sie mit Schritt 5 fort.
  5. Entscheidung: "Archiv?"
    • Ja: Das Ergebnis ist "Ausgenommen" (Prozess endet).
    • Nein: Fahren Sie mit Schritt 6 fort.
  6. Entscheidung (wird von Schritt 2 "Nein" oder Schritt 5 "Nein" erreicht): "Online-Karte?"
    • Ja: Fahren Sie mit Schritt 7 fort.
    • Nein: Fahren Sie mit Schritt 8 fort.
  7. Entscheidung (nur für Online-Karten): "Infos als Text dabei? (z.B. Adresse, Öffnungszeiten)"
    • Ja: Das Ergebnis ist "Nicht ausgenommen" (Prozess endet).
    • Nein: Das Ergebnis ist "Ausgenommen" (Prozess endet).
  8. Entscheidung: "Inhalt Dritter?"
    • Ja: Fahren Sie mit Schritt 9 fort.
    • Nein: Fahren Sie mit Schritt 10 fort.
  9. Entscheidung (nur für Inhalte Dritter): "3x Nein Regel erfüllt?"
    • Ja: Das Ergebnis ist "Ausgenommen" (Prozess endet).
    • Nein: Das Ergebnis ist "Nicht ausgenommen" (Prozess endet).
  10. Prozessschritt: "Anderer Inhalt (z.B. Blogartikel, Bilder, Videos, PDFs, etc.)"
    • Dieser Pfad führt direkt zum Endergebnis: "Nicht ausgenommen" (Prozess endet).

Aufgezeichnete "zeitbasierte Medien" (Alte Videos/Podcasts)

Das Gesetz sagt: Ausgenommen sind "aufgezeichnete zeitbasierte Medien, die vor dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden" (§ 1 Abs. 4 Nr. 1 BFSG [1]).

  • Was sind "zeitbasierte Medien"? Einfach gesagt: Videos und Audio-Aufnahmen (z.B. Podcasts, Produktvideos, aufgezeichnete Webinare).
  • Was heißt das für Dich? Alle Deine alten Videos auf YouTube oder Vimeo, alle alten Podcast-Folgen, die Du vor dem Stichtag hochgeladen hast, musst Du nicht nachträglich mit Untertiteln, Audiodeskription oder Transkripten versehen.

Dateiformate von Büro-Anwendungen (Alte PDFs/Word-Docs)

Das Gesetz sagt: Ausgenommen sind "Dateiformate von Büro-Anwendungen, die vor dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden" (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 BFSG [1]).

  • Was sind "Büro-Anwendungen"? Das sind primär PDFs, aber auch Word-Dokumente (.doc/.docx), Excel-Tabellen (.xls/.xlsx) oder PowerPoint-Präsentationen (.ppt/.pptx).
  • Was heißt das für Dich? Dein gesamter Download-Bereich mit alten Jahresberichten als PDF, alten Preislisten oder technischen Datenblättern von 2024 oder früher ist sicher. Du musst diese Dokumente nicht nachträglich zu barrierefreien "PDF/UA"-Dokumenten umbauen.

Online-Karten und Kartendienste

Das Gesetz sagt: Ausgenommen sind "Online-Karten und Kartendienste, sofern bei Karten für Navigationszwecke wesentliche Informationen barrierefrei zugänglich in digitaler Form bereitgestellt werden" (§ 1 Abs. 4 Nr. 3 BFSG [1]).

  • Was heißt das für Dich? Du darfst weiterhin eine interaktive Karte von Google Maps, Mapbox oder OpenStreetMap einbetten. Die Karte selbst (also das visuelle, interaktive Element) ist von den Anforderungen ausgenommen.
  • Was ist die "Sofern"-Bedingung? Du musst die "wesentlichen Informationen" trotzdem barrierefrei anbieten. Das ist im Website-Kontext fast immer die Adresse, Öffnungszeiten oder eine Anfahrtsbeschreibung als normaler Text neben oder unter der Karte.
Beispiel für eine ausgenommene Online-Karte
<!-- NICHT AUSGENOMMEN (da wesentlich): -->
<div class="anfahrt-text">
<h3>So findest Du uns:</h3>
<dl>
<dt>Adresse:</dt>
<dd>Muster-App GmbH, Musterstraße 1, 10115 Berlin</dd>
<dt>Öffnungszeiten:</dt>
<dd>Mo-Fr, 9:00 - 17:00 Uhr</dd>
</dl>
</div>

<!-- AUSGENOMMEN (nach § 1 Abs. 4 Nr. 3): -->
<iframe src="[https://maps.google.com/](https://maps.google.com/)..."></iframe>

Inhalte von Dritten (Die 3-Nicht-Regel)

Das ist die kniffligste Ausnahme. Das Gesetz sagt: Ausgenommen sind "Inhalte von Dritten, die von dem betreffenden Wirtschaftsakteur weder finanziert noch entwickelt werden noch dessen Kontrolle unterliegen" (§ 1 Abs. 4 Nr. 4 BFSG [1]).

Was heißt das für Dich? Um ausgenommen zu sein, müssen alle drei Bedingungen erfüllt sein (die "3-Nicht-Regel"):

  1. Nicht von Dir finanziert.
  2. Nicht von Dir entwickelt.
  3. Nicht von Dir kontrolliert.

Hier ist die Logik als Schema:

Textbeschreibung für "Flussdiagramm: Prüfung für Inhalte Dritter (3x-Nein-Regel)" öffnen

Dies ist eine schrittweise Beschreibung des Flussdiagramms, das prüft, ob Inhalte von Dritten als ausgenommen gelten. Das Diagramm prüft drei Bedingungen nacheinander ab.

  1. Der Prozess beginnt beim Knoten "Dein Inhalt (von Dritten)".
  2. Die erste Entscheidung ist: "Von Dir finanziert?"
    • Ja: Das Ergebnis ist "Nicht ausgenommen" (Prozess endet).
    • Nein: Fahren Sie mit Schritt 3 fort.
  3. Die zweite Entscheidung ist: "Von Dir entwickelt?"
    • Ja: Das Ergebnis ist "Nicht ausgenommen" (Prozess endet).
    • Nein: Fahren Sie mit Schritt 4 fort.
  4. Die dritte Entscheidung ist: "Unterliegt Deiner Kontrolle?"
    • Ja: Das Ergebnis ist "Nicht ausgenommen" (Prozess endet).
    • Nein: Das Ergebnis ist "Ausgenommen (Alle 3 Bedingungen erfüllt)" (Prozess endet).

Zusammenfassend: Der Inhalt ist nur dann ausgenommen, wenn alle drei Fragen ("finanziert", "entwickelt", "Kontrolle") mit "Nein" beantwortet werden.

Hier sind einige klare Beispiele:

Ein eingebetteter X/Twitter-Feed, der automatisch Tweets von anderen lädt, ist ausgenommen. Warum? Du finanzierst ihn nicht, entwickelst ihn nicht und kontrollierst den Inhalt der fremden Tweets nicht.

Textbeschreibung für "Flussdiagramm: Anwendungsbeispiel der 3x-Nein-Regel (Twitter-Feed)" öffnen

Dies ist eine schrittweise Beschreibung des Flussdiagramms. Es zeigt, wie die "3x-Nein-Regel" auf einen "Twitter-Feed" angewendet wird und zu einer Ausnahme führt.

  1. Der Prozess beginnt beim Knoten "Twitter-Feed".
  2. Die erste Frage ist: "Von Dir finanziert?"
    • Nein: Fahren Sie mit Schritt 3 fort. (Das Diagramm zeigt ausschließlich diesen Pfad).
  3. Die zweite Frage ist: "Von Dir entwickelt?"
    • Nein: Fahren Sie mit Schritt 4 fort. (Das Diagramm zeigt ausschließlich diesen Pfad).
  4. Die dritte Frage ist: "Unterliegt Deiner Kontrolle?"
    • Nein: Das Ergebnis ist "Ausgenommen (Alle 3 Bedingungen erfüllt)" (Prozess endet).

Das Diagramm illustriert den Pfad, bei dem alle drei Bedingungen verneint werden, was zur Ausnahme des Inhalts führt.

Inhalte, die als Archive gelten

Das Gesetz sagt: Ausgenommen sind "Inhalte von Webseiten und mobilen Anwendungen, die als Archive gelten, da ihre Inhalte nach dem 28. Juni 2025 weder aktualisiert noch überarbeitet werden" (§ 1 Abs. 4 Nr. 5 BFSG [1]).

  • Was heißt das für Dich? Das ist die "Ruhe in Frieden"-Ausnahme. Wenn Du einen alten Bereich Deiner Website (z.B. einen alten Blog, Pressemitteilungen von 2010-2020) hast, den Du nie wieder anfasst, gilt er als Archiv und ist ausgenommen.
  • Tipp: Es ist sinnvoll, solche Bereiche klar als "Archiv" zu kennzeichnen und von der Hauptnavigation zu trennen.
  • Wichtig: Sobald Du einen einzigen dieser Artikel auch nur minimal aktualisierst (z.B. ein Datum änderst), verliert er seinen Archivstatus und muss barrierefrei gemacht werden!

Fazit

Die Ausnahmen in § 1 Abs. 4 BFSG [1] sind eine enorme Erleichterung für den Umgang mit Deinen Altdaten. Du musst nicht Deine gesamte Website-Geschichte barrierefrei umbauen.

Denk aber immer daran:

  1. Stichtag 28. Juni 2025: Fast alle Ausnahmen (Medien, Dokumente, Archive) sind an diesen Stichtag gebunden.
  2. Kein Freifahrtschein: Für alle neuen Inhalte, die Du ab diesem Tag erstellst, gilt das BFSG in vollem Umfang.
  3. Vorsicht bei "Drittinhalten": Die "3-Nicht-Regel" (weder finanziert, noch entwickelt, noch kontrolliert) ist streng. Inhalte wie User-Kommentare oder Werbebanner sind fast nie ausgenommen.

Konzentriere Dich darauf, Deine neuen Prozesse und Inhalte ab dem Stichtag barrierefrei zu gestalten.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist mit meinem Logo? Ist das ausgenommen?

Nein, ein Logo fällt nicht unter § 1 Abs. 4 BFSG [1]. Es ist ein normaler Website-Bestandteil. Es muss aber barrierefrei sein. Wenn Dein Logo klickbar ist (zur Startseite), braucht es einen Alternativtext, der die Funktion beschreibt, z.B. alt="Firmenname - Zur Startseite". Wenn es rein dekorativ neben dem ausgeschriebenen Firmennamen steht, kann es einen leeren Alt-Text (alt="") bekommen.

Ich habe alte Blogartikel (Text + Bild) von 2023. Sind die ausgenommen?

Nur, wenn sie als Archiv gelten (Nr. 5). Das heißt, Du darfst sie nie wieder anfassen. Wenn Du planst, diese Artikel aktuell zu halten, musst Du sie barrierefrei machen (z.B. Alternativtexte für Bilder, korrekte Überschriftenstruktur). Die Ausnahme für "alte" Inhalte gilt nur für Medien (Nr. 1) und Büro-Dateien (Nr. 2), nicht für normale HTML-Seiten.

Was ist mit Live-Videos?

"Zeitbasierte Medien" (Nr. 1) bezieht sich auf aufgezeichnete Medien. Live-Videos haben eigene Regeln (die in der EN 301 549 spezifiziert sind). Kurz gesagt: Für Live-Übertragungen sind die Anforderungen geringer (z.B. keine Pflicht zur Live-Audiodeskription), aber sobald Du die Aufzeichnung des Live-Videos speicherst und anbietest, wird sie zu einem "aufgezeichneten Medium" und braucht (nach einer gewissen Frist) Untertitel etc. – sofern sie nach dem 28.06.2025 erstellt wurde.

Haftungsausschluss

Dieser Artikel dient ausschließlich der Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Die Anwendung des § 1 Abs. 4 BFSG ist eine komplexe Einzelfallentscheidung. Ich übernehme keine Haftung für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der hier dargestellten Informationen. Bitte ziehe für Deine spezifische Situation unbedingt einen spezialisierten Anwalt hinzu.

  1. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – BFSG)“. 2023. [Online]. Verfügbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bfsg/

Über den Autor

Porträtfoto von Dmitry Dugarev

Beste Grüße

Dmitry Dugarev

Gründer von Barrierenlos℠ und Entwickler des Semanticality™ Plugins. Mit einem Masterabschluss, über 8 Jahren Erfahrung in Web-Entwicklung & IT-Compliance bei Big-Four, Banken und Konzernen und mehr als 1.000 auf Barrierefreiheit geprüften Seiten für über 50 Kunden helfe ich Web-Teams, Barrierefreiheit planbar umzusetzen – ohne monatelange Umbauten.

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